Bürgerversicherung ja oder nein?

von Gabriel Fauner - zukunftmitverantworten.org

Gesundheitssysteme im Vergleich (Österreich – Deutschland – Italien)

In Deutschland hat es gerade eine Diskussion über eine sog. Bürgerversicherung gegeben, und die SPD ist bei den „Sondierungsgesprächen“ eingeknickt und hat die Forderung nach einer Bürgerversicherung aufgegeben.
Das deutsche Gesundheitssystem ist äußerst unsolidarisch: die Niedrigverdiener müssen zwangsweise in die gesetzliche Krankenversichereung einzahlen, während sich Besserverdienende aussuchen können, ob sie ins öffentlche System einzahlen oder sich privat versichern. Da sich nur Besserverdiener privat versichern können, ist die private Versicherung für sie prozentuell günstiger als die gesetzliche Versicherung.
In Österreich gibt es die Gebietskrankenkassen, bei denen aber nur Arbeitnehmer und mit diesen Gleichgestellte (AMS, Mindestsicherung etc.) versichert sind, während zum Beispiel geringfügig Beschäftigte nicht automatisch versichert sind, sondern monatlich ca. 50 € zahlen müssen, wenn sie versichert sein wollen. Arbeitslose, die nicht im Sozialsystem versorgt sind, sind nicht versichert. Bei einem Krankenhausaufenthalt muss man Aufenthaltsgeld zuzahlen.
Italien hat seit 1980 einen nationalen Gesundheitdienst (servizio sanitario nazionale). Alle Menschen, die auf italienischem Staatsgebiet ihren Hauptwohnsitz haben, sind automatisch – steuerfinanziert – krankenversichert (Zahnbehandlungen sind ausgenommen, und für andere Leistungen muss ein – moderates – sog. Ticket gezahlt werden, wobei Geringverdiener vom Ticket befreit sind). Pensionisten müssen – anders als in Österreich – keinen Krankenkassenbeitrag zahlen.

Hier ein paar Vergleichsdaten:

Allgemein (aus dem CIA-factbook)
Einwohner (2015, gerundet)          BIP pro Person (2016)
Österreich                8.750.000                                        47.700 €
Deutschland          80.590.000                                        48.400 €
Italien                      62.140.000                                        36.800 €

Lebenshaltungskosten (https://www.laenderdaten.info/lebenshaltungskosten.php)
Kaufkraftindex Durchschn. Monatseink. Lebenshaltungsk.
Österreich                                           98,4                           3.447€                    106,1
Deutschland                                      100                             3.301€                     103
Italien                                                     70,2                        2.389€                     103,1

Gesundheitsdaten (aus OECD.stat)
Ausg. f. Gesundh. 2016 (% des BIP) – € pro Person *) Lebenserw. (2015)
Österreich                            10,4%                              4.961€                      83,7 Jahre
Deutschland                         11,3%                              5.469€                      83,1 Jahre
Italien                                       8,9%                             3.275€                      84,9 Jahre
*) kursiv: eigene Berechnung

Also: weniger ist mehr: Italien gibt sowohl prozentuell (AT-IT: -14,4%, DE-IT: -21,2%) als auch absolut (AT-IT: -34%, DE-IT: -40%) weniger für die Gesundheit aus, und trotzdem leben die Italiener um 1,2 Jahre länger als die Österreicher und um 1,8 Jahre länger als die Deutschen. Obwohl die Italiener bei vergleichbaren Lebenshaltungskosten um 30% weniger Kaufkraft zur Verfügung haben als Österreicher und Deutsche. Das mag zwar auch an der gesünderen Lebensweise der Italiener liegen, aber ganz schlecht kann das Gesundheitssystem auch nicht sein.

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