Verantwortung ist tragbar – Schluss mit Kinder- und Zwangsarbeit in T-Shirts & Co.

Peter Degischer
http://www.schandfleck.or.at/nesove/

Bericht über eine Podiumsdiskussion am 26. September 2017 im Albert-Schweitzer-Haus, Wien

In der Podiumsdiskussion des Karl-Renner-Instituts waren sich alle Beteiligten einig, dass diese Forderung der UNO-Kinderrechtskonvention

https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Kinderrechtskonvention

und der Vereinbarungen der Internationalen Arbeitsorganisation

http://www.ilo.org/global/topics/child-labour/lang–en/index.htm)

endlich umgesetzt werden sollten. Karin Lukas vom Boltzmann-Institut für Menschenrechte musste hingegen feststellen, dass der Aufforderung der EU-Kommission, eine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht der Unternehmen in nationalen Gesetzen zu verankern, dass sie einklagbar wird, nur in Frankreich für dessen größte Unternehmen entsprochen wurde. In den USA wurde ein Importverbot für Produkte aus Kinderarbeit erlassen. Die Anrufung des europäischen Gerichtshofes durch Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen muss ermöglicht werden. Obwohl die Arbeitsbedingungen in den weltweit größten Textilproduktionsländern China und Bangladesh bekannt sind, werden aus Kostengründen die europäischen Produktionen in Nischenmärkte gedrängt. Das österreichische Vergaberecht könnte auch menschenrechtskonforme Produktion in den Bestbieterkonditionen berücksichtigen. Das kürzlich vom Parlament beschlossene Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz

(NaDiVeG – https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2017_I_20/BGBLA_2017_I_20.pdf )

bezieht sich nur auf eine Berichtspflicht über die direkte Zulieferbeziehung weniger Unternehmen und sieht weder eine Überprüfung noch eine Sanktion vor.
Sozialminister Alois Stöger stellte fest, dass Sozialdumping in der globalen Wirtschaft einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil für die heimische Textilindustrie darstellt. Er bezichtigte die internationalen Konzerne, die die internationalen Arbeitsrechtsnormen missachten, Gewinne aus Unrechtsverhalten zu lukrieren. Deren wirtschaftliche Macht ist durch bindende, internationale Vereinbarungen – formal ähnlich den Investitionsschutzabkommen – zur Durchsetzung der Menschenrechte zu regulieren. Die Lieferketten sind über die digitalisiert verfügbaren Speditionswege rückverfolgbar, und es bedarf des politischen Willens, diese transparent zu machen. Solange die Gesetze Produkte aus Kinder- und Zwangsarbeit nicht verbieten, bleibt es beim Konsumenten, die Produktionsweisen zu hinterfragen. Das Sozialministerium wird einen Gesetzesentwurf einbringen, in dem ein Importverbot für Textilien ausgesprochen wird, die durch Kinder- und Zwangsarbeit hergestellt wurden. Es bedarf dann der parlamentarischen Mehrheit, dieses zu beschließen.
Marieta Kaufman vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) wies noch auf niederländische Parlamentsbeschlüsse hin, wo bereits derartige Importe verboten werden. Es gibt aber nach wie vor kein Entschädigungsrecht für Opfer menschenrechtswidriger Produktionsweisen. Es gibt zwar in Österreich ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, um Firmen wegen strafbarer Arbeitsweise zu verklagen, aber es gibt keine Praxis der Anwendung. Die beanstandeten Entscheidungen werden zwar von Personen getroffen, aber die firmeninternen Entscheidungsvorgänge werden nicht offengelegt. Jedenfalls sollten diesbezügliche Verurteilungen einen Ausschließungsgrund für öffentliche Aufträge darstellen.
Große Hoffnungen werden in die laufenden Verhandlungen der unbefristeten, zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe der UNO gelegt, einen Entwurf für ein gesetzlich bindendes Instrument für transnationale Konzerne und andere Geschäftsbeziehungen bezüglich der Menschenrechte durchzusetzen

(http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/WGTransCorp/Session3/LegallyBindingInstrumentTNCs_OBEs.pdf),

die Ende Oktober zusammentritt. Nach anfänglicher Weigerung nimmt nun auch eine österreichische Delegation an diesen Gesprächen teil, und es ist zu hoffen, dass sie konstruktiv mitwirkt.
Die Abgeordnete zum Nationalrat Petra Bayr stellte die Beziehung zu den

„Sustainable Development Goals“ (SDG – http://www.unis.unvienna.org/unis/de/topics/sustainable_development_goals.html )

der UNO her, die vom österreichischen Parlament ratifiziert wurden. Sie verlangen von den Staaten Arbeitspläne und Gesetze zu deren nationaler Umsetzung. Universell und untrennbar, ruft die 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung alle Länder – Industrie- und Entwicklungsländer – zum Handeln auf. Der Artikel 8 bezieht sich explizit auf „menschenwürdige Arbeit“ weltweit. Die künftige Regierung und das Parlament sind angehalten, entsprechende Umsetzungspläne zu erstellen. Es gibt bisher nur Berichte der Ministerien über den Iststand, aber keine Analyse der Defizite. Eine Plattform SDG Watch Austria wurde kürzlich gegründet (https://www.sdgwatch.at/de/), um auf einen österreichischen Aktionsplan zu drängen.

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