Botschaftsgespräche (Russland, Ukraine)

Bericht über Gespräche in der Ukrainischen und in der Russischen Botschaft in Wien
bei der Übergabe der Vienna Declaration for Peace des International Summit for Peace in Ukraine 2023 – ISPUkraine 2023 – Peace by peaceful means (peacevienna.org) am 10./11.Juni 2023 in Wien, sowie zur Vorgeschichte der Konferenz.

  1. Zivilgesellschaftliche Friedensorganisationen bereiteten ISP VIENNA – AbFaNG im Laufe des Frühjahrs 2023 in zahlreichen Videokonferenzen vor NEW ISPUkraine 2023 – Event Program (peacevienna.org): International Peace Bureau, CODEPINK (USA), World Assembly of Struggles and Resistances of the World Social Forum, Transform! Europe, Europe for Peace, International Fellowship of Reconciliation (IFOR), Peace in Ukraine, Campaign for Peace Disarmament and Common Security (CPDCS), Prague Spring 2. Um die organisatorische Durchführung vor Ort kümmerten sich: AbFaNG (Aktionsbündnis für Frieden, aktive Nautralität und Gewaltfreiheit), Institute for Intercultural Research and Cooperation (IIRC), WILPF Austria, IFOR Austria. Bis eine Woche vor der Konferenz waren auch der Österreichische Gewerkschaftsbund, Attac.at und das Herbert C.Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation an den Vorbereitungen beteiligt, die sich wegen diffamierender Pressemeldungen vor der Konferenz (siehe ISP VIENNA – AbFaNG) zurückzogen. Die Teilnahme einiger angekündigter ReferentInnen (Jeffrey Sachs, Anuradha Chenoy) und die Unterstützung durch CODEPINK wurden kritisiert und ISP als „putinfreundlich“ gebrandmarkt. Eine Quelle dieser Diffamierungen war die ukrainische Botschaft, die später bestätigte, gegen jeden Friedensappell einzuschreiten, der nicht den vollkommenen Abzug der russischen Truppen voraussetzt. Die Intervention der ukrainischen Botschaft veranlasste den Österreichischen Gewerkschaftsbund zwei Tage vor der Konferenz am 7.6., die kostengünstige Bereitstellung ihrer Räume aufzukündigen, sowie den österr. Presseclub Concordia, die für 9.6. angesetzte Pressekonferenz abzusagen. Auf Drängen des Gewerkschaftsbundpräsidenten zog der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer seine Eröffnungsbotschaft zurück. Diese undemokratischen Vorgänge wurden auch international kritisiert. Siehe Austrian Censorship of Peace Conference Is An Outrage – World BEYOND War.

Es konnte ein Ausweichlokal in Wien-Penzing organisiert werden LORELY-Saal – lorely-saals Webseite! (jimdo.com), wo sich dann über 300 Gäste aus 32 Ländern einfanden und über 200 Personen online zuschalteten. Die Gegendemonstration ukrainischer Nationalisten bestand nur aus einem Spruchband „Terrorstaat Russland“, das vor dem Konferenzgebäude ausgerollt wurde (die Akteure schlugen eine Einladung zur Konferenz aus). Die Konferenz führte auch kontroversielle RednerInnen zusammen, und in neun Arbeitskreisen wurden verschiedene Friedensthemen diskutiert. Siehe NEW ISPUkraine 2023 – Event Program (peacevienna.org). Unter anderen trugen Beiträge von russischen, ukrainischen und belarussischen TeilnehmerInnen zur praktischen Erörterung einer Friedensstiftung bei. Siehe International Summit for Peace in Ukraine – ISPUkraine 2023 – YouTube. Besonders eindringlich war der Friedensaufruf des persönlich anwesenden bolivianischen Vizepräsidenten Microsoft Word – Speech_David-Choquehuanca_Vice-President_Bolivia_10-6-23 (abfang.org). Zum Abschluss wurde ein Kompromiss einer Vienna Declaration for Peace verabschiedet, DE_ISPUkraine-Schlusserklarung-der-Organisator_innen.odt.pdf (peacevienna.org), die in mehreren Sprachen veröffentlicht wurde (siehe ISP VIENNA – AbFaNG). Diese wird nicht nur im Internet verbreitet, sondern soll auch Politikern und Diplomaten nahegebracht werden. Es wird darin auch die Fortsetzung von Friedenskundgebungen angekündigt, konkret für die internationale Aktionswoche vom 30.9. bis 8.10.23 Global Peace Action Days – AbFaNG.

Die Verlegung der Konferenz hatte wesentliche Mehrkosten zur Folge. Darüber hinaus verweigerte die Tourismusförderstelle der Stadt Wien ihren Zuschuss, da der Veranstaltungsort nicht dem im Antrag genannten entsprach. Inzwischen weigerte sich der ÖGB, seine vertragsbrüchige Ausladung finanziell abzugelten. Daher besteht eine beträchtliche Finanzierungslücke, die die Organisatoren tragen werden. Spenden auf das Konto ISP-Vienna AT32 2011 1842 6745 2601 werden gerne entgegengenommen.

  1. AbFaNG fragte am 3.8.23 bei der ukrainischen und der russischen Botschaft in Wien um Gesprächstermine an. Für den 16.8. wurde mit dem ukrainischen Botschafter Dr. Vasyl Khymynets ein Termin vereinbart, an dem eine Botschaftssekretärin teilnahm, aber Schriftführer H. Peter Degischer nur allein zugelassen wurde. Am 17.8. wurden HPD und Irmgard Ehrenberger (IFOR Austria) vom Botschaftsrat Ildar Gibadiukov und dem Pressesprecher Lev Terekhov in die russissche Botschaft eingeladen. Beide Gespräche dauerten mehr als eine Stunde und verliefen in friedlicher Atmosphäre. Beiden Botschaften wurden die jeweiligen Besprechungsprotokolle zur Stellungnahme übermittelt. Die russischen Gesprächspartner genehmigten das Protokoll, während die ukrainische Botschaft nicht darauf reagierte.
  2. Beim Gespräch in der ukrainischen Botschaft besteht Einvernehmen über die Verurteilung des Angriffskrieges der Russ. Föderation und dass die militärische Verteidigung der Ukraine die Okkupation des Staates verhinderte, dass der Verteidigungskrieg gerechtfertigt und unterstützenswert ist, dass die ukrainische Bevölkerung unter den Kriegseinwirkungen, und darüber hinaus durch die Menschenrechtsverletzungen unermesslich leidet. Vom ukrainischen Botschafter werden Menschenrechtsverletzungen der Invasoren beschrieben.

HPD vermisst Bemühungen um einen Waffenstillstand, der die Kriegsgräuel beendet und Friedensverhandlungen in Gang bringt. Die UN-Regeln verlangen, dass auch laufende Kriegshandlungen durch diplomatische Bemühungen beizulegen sind. Der Botschafter bedauert, dass alle Vereinbarungen (Budapest, Minsk I & II) zum Nachteil der Ukraine getroffen wurden. Friedensverhandlungen könne es nur dann geben, wenn die russischen Truppen das ukrainische Hoheitsgebiet verlassen haben, gemäß Ukrainian President outlines peace formula that punishes aggression, restores security | UN News.

Der ukrainische Botschafter bestätigte, dass er ISP verhindern wollte und dass ÖGB und Presseclub offenbar seiner Meinung waren. Er werde auch weitere derartige Friedenskundgebungen zu verhindern versuchen, die nicht Ukraine’s Peace Formula entsprechen.

Er bekräftigte drei Punkte:

  • Die Forderung des Rückzugs der russischen Truppen aus dem ukrainischen Staatsgebiet.
  • Solange Putin dazu nicht bereit ist, wird die militärische Niederlage der Russischen Föderation erforderlich.
  • Diese Niederlage Putins bringt die Chance einer politischen Befreiung der russischen Bevölkerung.

HPD meinte, wenn Präsident Putin diese Verhandlungsvoraussetzung nicht erfüllen wird, werden die Kriegsgräuel in der Ukraine fortgesetzt und eskalieren. Der Botschafter verweist auf 90% Zustimmung in der Bevölkerung zur Fortführung des Krieges, um die Freiheit nicht nur in der Ukraine, sondern in Europa zu verteidigen. Deshalb meint die ukrainische Regierung, müsste „Putin“ durch eine militärische Niederlage zum Frieden gezwungen werden. Nur so könne ein gerechter Friede herbeigeführt werden. Friede sei nicht von der Ukraine zu verlangen, sondern von der Russischen Föderation.

HPD übergibt die Vienna Peace Declaration auf Ukrainisch und stellt den Wunsch der Zivilgesellschaft in den Mittelpunkt, dass die Kämpfe, das Töten, die Zerstörungen und Kriegsgräuel beendet werden sollen. Das ist die Hauptforderung des Kongresses, der die Invasion durch russische Truppen und das Scheitern der Diplomatie verurteilt, aber Frieden auf der Basis internationalen Rechts fordert.

  1. Im Gespräch mit den russischen Botschaftsangehörigen zeigten sich diese über die Vorkommnisse um die Verlegung der Konferenz und die Pressekampagne informiert und schreiben diese den ukrainischen Nationalisten zu. Sie verglichen die negative Medienkampagne zum ISP mit den negativen Mediendarstellungen der russischen Positionen. HPD beschreibt das trotzdem gelungene Int. Summit for Peace in Ukraine und die Organisatoren der Konferenz (siehe oben).

Die Frage nach der Reichweite von AbFaNG beschrieb HPD mit den bisher durchgeführten Aktionen (Ostermärsche, Friedenskundgebung am 13.3.2022, Diskussionsveranstaltungen z.B. zur UN-Konferenz zum TPNW 2022) und übergab ein AbFaNG-Prospekt zusammen mit der Vienna Peace Declaration auf Russisch. Diese Friedensaktivitäten wurden von der russischen Seite wohlwollend zur Kenntnis genommen.

I.E. und HPD unterstreichen den Wunsch der Zivilgesellschaft, dass die Kämpfe, das Töten, die Zerstörungen und Kriegsgräuel beendet werden. Das ist die Hauptforderung des Kongresses. Die Deklaration verurteilt die Invasion Russlands und das Scheitern der Diplomatie und fordert Frieden auf der Basis internationalen Rechts.

Der Pressesprecher verweist auf die Vorgeschichte des Krieges (Zusammenarbeitsvorschläge Putins vor internationalen Foren, Maidan-Putsch 2014, NATO-Einfluss auf die ukrainischen Regierungen, Bürgerkrieg im Donbas…). Es hätte sogar Nachrichten gegeben, dass die Ukraine Russland angreifen wolle. Bald nach der Invasion russischer Truppen wurden die Friedensgespräche im Frühjahr 2022 über Intervention von GB und USA abgebrochen. Jetzt untersagt ein ukrainisches Dekret Selenskyj, Kontakt mit der russ. Führung aufzunehmen.

Eine Rückbesinnung auf die Minsker-Abkommen für einen Friedensprozess wird abgelehnt, da sich die Vertragspartner nicht entsprechend verhielten. Die OSZE-Delegation beobachtete nur die Kampfhandlungen, die 2021/22 von ukrainischer Seite intensiviert worden sind. Der Pressesprecher kritisierte, dass Russland zu den Friedensgesprächen in Saudi-Arabien nicht eingeladen war. Russland sei zu Friedensgesprächen bereit, aber die Ukraine lehne diese ab.

HPD meint, dass die Einstellung der russischen Angriffe und der ukrainischen Gegenoffensive der erste Schritt zu einem Waffenstillstand und zu Gesprächen wäre. Der Pressesprecher erinnert an die Ablehnung der Ukrainer für eine Feuerpause zu Ostern 2023. I.E. meint, dass der Krieg unsagbares Leid nicht nur für die UkrainerInnen sondern auch für die russ. Soldaten und ihre Familien bringt. HPD meint, der Krieg nütze nur der Waffenindustrie. Die UNO-Regeln verlangen, dass auch nach Ausbruch eines Konflikts alle Seiten verpflichtet sind, diplomatische Lösungen zu finden. Die Vienna Peace Declaration fordert, dass alles getan werden soll, um den Krieg zu beenden. I.E. verweist auf die Verantwortung Russlands als mächtiges Land, das Frieden bewirken könne.

Der Botschaftsrat übergab eine Mappe mit aktuellen Stellungnahmen zu den Vereinbarungen von Istanbul https://www.mid.ru/ru/press_service/spokesman/official_statements/1897157/?lang=de, über Kiewer Rechtswidrigkeiten gegenüber der ukrainisch-orthodoxen Kirche, zum 11.Sanktionspaket der EU, zur Zerstörung des Wasserkraftwerkes Kachowka, über Lieferabsichten von Uran-Munition an die Ukraine, zum Austritt aus dem New START-Vertrag, zur Erschießung russischer Kriegsgefangener, über andere ukrainische Kriegsverbrechen, über den Vergleich Borrells mit Handlungen Hitlers, über die Menschenrechtssituation in der Ukraine.

I.E. übergibt die Presseausendung des Internationalen Friedensbüros, in der die Absicht angekündigt wird, pazifistische Organisationen aus Russland, der Ukraine und Belarus, die sich für Kriegsdienstverweigerung einsetzen, für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Sie weist darauf hin, dass die vorgeschlagene russische Bewegung für Wehrdienstverweigerung pazifistisch ist.

HPD bedauert das Fehlen einer friedensstiftenden Außenpolitik des neutralen Österreichs und fragt, ob österreichische Vermittlungsversuche von der Russischen Föderation unterstützt würden? Die Botschaftsangehörigen erinnern, dass Bundeskanzler Nehammer ein Gespräch mit Präsident Putin führte und dass es sehr gute diplomatische Beziehungen mit Österreich gab. Die Unterstützung der EU-Sanktionen disqualifiziert Österreich aber als Vermittler, und es gibt derzeit wenige diplomatische Kontakte. Andererseits sollte Österreich auf seine Neutralität achten und könnte wieder eine eigene Außenpolitik entwickeln. Die Einladung zur OSCE-Parlamentarierkonferenz wurde begrüßt, aber die Rolle der OSCE sei nicht vielversprechend. Hier wäre eine österreichische Neutralitätspolitik gefordert.

H.Peter Degischer

Wien, 15.10.2023

Schriftführer von AbFaNG – Aktionsbündnis für Frieden, Aktive Neutralität und Gewaltfreiheit

PS: AbFaNG ersuchte auch um diesbezügliche Gespräche im österr. Außenministerium, im Wiener OSZE-Büro und im EU-Haus in Wien. Diese lehnten bisher Einladungen ab, erklärten jedoch, die Szelenskij Peace Formula zu unterstützen (keine Friedensgespräche vor dem Abzug der russ.Truppen). Wo bleiben Friedensbemühungen Österreichs und der Friedensprojekte EU und OSZE?

Bitte unterstützen Sie https://mein.aufstehn.at/petitions/appell-fur-den-frieden-russische-foderation-und-ukraine-an-den-verhandlungstisch

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