IWF: Höhere Steuern für Reiche können Ungleichheit verringern, ohne das Wachstum zu bremsen

Larry Elliott und Heather Stewart 
"theguardian" online 
von Mittwoch, 11. Oktober 2017
Übersetzung: Gabriel Fauner

Höhere Einkommenssteuern für die Reichen würden helfen, die Ungleichheit zu verringern, und zwar ohne negative Auswirkungen auf das Wachstum, sagt der Internationale Währungsfonds.
Der in Washington ansässige IWF beruft sich auf seinen einflussreichen halbjährlichen Fiskalmonitor, um das Argument zu entkräften, dass das Wirtschaftswachstum darunter leiden würde, wenn die Regierungen in den führenden westlichen Ländern das eine Prozent ihrer Bestverdiener höher besteuern würde.
Der IWF betont, dass die Steuertheorien besagen, für höhere Einkommen sollten „signifikant höhere“ Steuersätze gelten; das Gegenargument war, dass es schlecht für das Wachstum wäre, falls man die Reichen träfe.
Dem hält die einflussreiche globale Institution entgegen: „Die empirischen Ergebnisse stützen diese These nicht, zumindest nicht für nicht allzu starke Progressionsformeln“. Dem fügte der IWF hinzu, dass auch andere Arten der Wohlstandsbesteuerung in Betracht gezogen werden sollten.
Die britische Labour-Party berief sich auf diese Veröffentlichung und forderte höhere Steuen für die Reichen. Sie führte die Aussage des IWF als Beleg dafür an, dass ein gerechteres Steuersystem notwendig ist.
(…)
Der konservative britische Schatzkanzler (Finanz- und Wirtschaftsminister) Philip Hammond soll seinen Budgetplan im kommenden Monat vorstellen, aber es ist noch nicht klar, ob die Regierung weiterhin darauf bestehen wird, die versprochenen Steuersenkungen für Besserverdiener, einschließlich des Plans, die Schwelle für den obersten Steuersatz auf 50.000 £ anzuheben, durchzusetzen.
Der Fiskalmonitor erwähnt kein Land namentlich, und es wird auch nicht spezifiziert, auf welche Höhe die Regierungen den neuen obersten Steuersatz für Besserverdiener festschreiben sollten. Aber der Bericht unterstreicht, dass die Steuererleichterungen für das oberste 1% zu weit gegangen sind – ein starker Hinweis darauf, dass der IWF die Sinnhaftigkeit des Pro-Reichen-Steuerplans anzweifelt, die Donald Trump für die USA vorschlägt.
Im Gegenteil sagt der IWF, dass höhere Steuern für die Reichen notwendig sind, um die steigende Einkommensungleichheit zu stoppen – so wie es der Labour-Schattenkanzler McDonnell und der Leader der Labour-Party Jeremy Corbyn fordern.
Der Fiskalmonitor zeigt auf, dass die meisten entwickelten Wirtschaften im Westen in den letzten drei Jahrzehnten einen deutlichen Zuwachs bei der Einkommensungleichheit verzeichnen, vor allem aufgrund der steigenden Einkommen des obersten 1%.
Traditionell haben die Regierungen versucht, ihre Gesellschaften durch höhere Steuersätze für die Reichen und durch Verwendung der Erträge entweder für direkte Zuwendungen an die weniger Wohlhabenden oder über öffentliche Dienstleistungen weniger ungleich zu machen.
Der Bericht stellt aber fest, dass die Einkommensteuersysteme in den 1980er und 1990er Jahren bedeutend weniger progressiv wirken und seither stabil geblieben sind, obwohl eine steigende Ungleichheit die Notwendigkeit für eine stärkere Progression aufzeigte.
In einem Blog des IWF schrieb der Leiter der Abteilung für Steuerangelegenheiten im IWF, Vitor Gaspar, dass der durschschnittliche Spitzensteuersatz für Besserverdienende in den reichen Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 62% im Jahre 1981 auf 35% im Jahre 2015 gefallen ist.
„Dazu kommt, dass die Steuersysteme weniger progressiv sind als die gesetzlichen Steuersätze vermuten ließen, da Reiche einen besseren Zugang zu Steuerbegünstigungen haben als weniger Begüterte“, fügte Gaspar im Blog hinzu, den er zusammen mit Mercedes Garcia-Escribano betreibt. „Was wichtig ist, wir beobachten, dass einige fortgeschrittene Wirtschaften die Progressivität erhöhen können, ohne das Wachstum zu behindern, solange sich die Progression in vernünftigen Grenzen hält.“
Die Ergebnisse der IWF-Studie zeigen, dass zwischen 1985 und 1995 mit der Umverteilung über das Steuersystem 60% der Zunahme der Ungleichheit als Folge von Marktkräften aufgefangen wurden. Aber zwischen 1995 und 2010 haben die Einkommensteuersysteme  auf die wachsende Ungleichheit nicht angemessen  reagiert.
Ebenso wird hervorgehoben, dass das Problem Ungleichheit dadurch angegangen werden sollte, dass den öffenlichen Ausgaben ein den Ärmeren günstigerer Drall gegeben wird.
„Trotz einiger Fortschritte bleibt die Kluft bezüglich des Zugangs zu guter Ausbildung und Gesundheitsdiensten zwischen verschiedenen Einkommensklassen in der Bevölkerung in vielen Ländern beträchtlich,“ schreiben Gaspar und Garcia-Escribano, und sie fügen hinzu, dass Menschen mit Hochschulabschluss bis zu 14 Jahre länger leben als Menschen mit höchstens Unterstufenabschluss.
„Ein besseres öffentliches Ausgabensystem kann selbstverständlich hilfreich sein, indem Bildungs- und Gesundheitsausgaben von den Reichen zu den Armen verschoben werden, ohne dabei die Gesamtausgaben für Bildung und Gesundheit zu erhöhen,“ fügen sie hinzu.
(…)


Den „Fiscal Monitor“ des IWF gibt’s auf Englisch unter

http://www.imf.org/en/publications/fm/issues/2017/10/05/fiscal-monitor-october-2017

Dort findet sich auch ein kurzes Einführungsvideo (1’23“). Sehenswert!.

1 Kommentar

  1. Wir brauchen ein Umsetzbares Mehrheitsfähiges Finanzierbares neues anderes Wirtschaftsmodell wie das economy4mankind dann würden viele unserer heutigen Propleme einfach verschwinden.

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