Dieses Thema wurde auf der der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2023 behandelt. Zu diesem Anlass wurden von einigen Friedensbewegten noch vor der Ratssitzung Anfragen an den Außenminister Schallenberg und an Europaministerin Edtstadler gerichtet. Ebenso gingen die Anfragen zur Kenntnis an die österreichischen Parlamentsklubs der ÖVP, der SPÖ, der FPÖ, der Grünen und der Neos.
Hier der Wortlaut der Anfragen:
Sepp Witzani, 16.3.2023
Sehr geehrter Herr Bundesminister Schallenberg!
Bei den Sitzungen des „Foreign Affairs Council“ der Europäischen Union wurden bisher 3.6 Mrd. Euro im Rahmen der European Peace Facility (EPF) für die Ukraine bewilligt:
Davon wurden allein am 17. Oktober 2022 „€490 million for military equipment designed to deliver lethal force for defensive purposes“ beschlossen:
Aus dieser Formulierung entnehme ich, dass es sich dabei um Waffen und/oder Munition handelt. Hat Österreich dem zugestimmt oder sich der Stimme enthalten? Im letzteren Fall müßte sich Österreich nicht an den Kosten beteiligen, was in Punkt (20) dieses EPF – Dokuments vorgesehen ist:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32021D0509
Falls ersteres zutrifft, würde mich interessieren, wie dieses Stimmverhalten mit der österreichischen Neutralität vereinbar ist.
Darüber hinaus erwägt die EU einen gemeinsamen Munitionskauf für die Ukraine:
https://www.msn.com/de-at/nachrichten/other/eu-erw%C3%A4gt-gemeinsamen-munitionskauf/ar-AA17DSHD
Laut dieses Presseberichts soll dieses Thema auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2023 behandelt werden.
Wie wird sich Österreich dabei verhalten?
Ich ersuche um diesbezügliche Aufklärung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Degischer, 17.3.2023
Sehr geehrter Herr Bundesminister Schallenberg,
Als Außenminister nehme ich an, dass Sie bei der Einführung der European Peace Facility dabei waren. Bei den Sitzungen des „Foreign Affairs Council“ der Europäischen Union wurden bisher 3.6 Mrd. Euro im Rahmen der European Peace Facility (EPF) für die Ukraine bewilligt:
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2023/02/02/ukraine-council-agrees-on-further-military-support-under-the-european-peace-facility/
Davon wurden am 17. Oktober 2022 „490 million € for military equipment designed to deliver lethal force for defensive purposes“ beschlossen:
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/10/17/ukraine-council-agrees-on-further-support-under-the-european-peace-facility/
Aus dieser Formulierung entnehme ich, dass es sich dabei um Waffen und/oder Munition handelt. Hat Österreich dem zugestimmt oder sich der Stimme enthalten? Im letzteren Fall müsste sich Österreich nicht an den Kosten beteiligen, was in Punkt (20) dieses EPF – Dokuments vorgesehen ist:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32021D0509
Falls die österreichische Regierung hierfür beiträgt, würde mich interessieren, wie dieses uneingeschränkte Stimmverhalten mit der österreichischen Neutralität vereinbar ist.
Ein glaubwürdiges, neutrales Verhalten würde Österreich auch zu Friedensinitiativen qualifizieren, was ich mir von unserem Außenministerium sehr wünsche.
Außerdem erwägt die EU einen gemeinsamen Munitionskauf für die Ukraine:
https://www.msn.com/de-at/nachrichten/other/eu-erw%C3%A4gt-gemeinsamen-munitionskauf/ar-AA17DSHD
Laut dieses Presseberichts soll dieses Thema auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2023 behandelt werden.
Wie werden sich die österreichischen RegierungsvertreterInnen unter Betonung der militärischen Neutralität dabei verhalten?
Abschließend danke ich Ihnen, dass Sie sich für die Teilnahme der Parlamentarier der Russischen Föderation bei dem OSZE-Treffen einsetzten. Dass dafür andere nicht teilnahmen, ist ein Affront gegenüber den Zielen der OSZE. Leider wurde nichts bekannt über friedensstiftende Aktivitäten im Rahmen der Versammlung oder in deren Umfeld. Anbei ein Bild einer Projektionskundgebung am 23.2.23 am Ballhausplatz.
Ich ersuche um Aufklärung über die Rolle der österreichischen Regierung bei der European Peace Facility.
Mit freundlichen Grüßen
DI.Dr.H.Peter Degischer, em.Univ.Prof.
Peter Degischer, 17.3.2023
Sehr geehrte Frau Bundesminister Edtstadler,
Als Europaministerin nehme ich an, dass Sie auch über die European Peace Facility Bescheid wissen. Bei den Sitzungen des „Foreign Affairs Council“ der Europäischen Union wurden bisher 3.6 Mrd. Euro im Rahmen der European Peace Facility (EPF) für die Ukraine bewilligt:
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2023/02/02/ukraine-council-agrees-on-further-military-support-under-the-european-peace-facility/
Davon wurden am 17. Oktober 2022 „490 million € for military equipment designed to deliver lethal force for defensive purposes“ beschlossen:
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/10/17/ukraine-council-agrees-on-further-support-under-the-european-peace-facility/
Aus dieser Formulierung entnehme ich, dass es sich dabei um Waffen und/oder Munition handelt. Hat Österreich dem zugestimmt oder sich der Stimme enthalten? Im letzteren Fall müsste sich Österreich nicht an den Kosten beteiligen, was in Punkt (20) dieses EPF – Dokuments vorgesehen ist:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A32021D0509
Falls dies zutrifft, würde mich interessieren, wie dieses Stimmverhalten mit der österreichischen Neutralität vereinbar ist.
Sie hatten sich kürzlich im ORF2 ausdrücklich für die Einhaltung der österreichischen Neutralität bekannt. Ein glaubwürdiges, neutrales Verhalten würde Österreich auch zu Friedensinitiativen qualifizieren, was ich mir wünsche.
Außerdem erwägt die EU einen gemeinsamen Munitionskauf für die Ukraine:
https://www.msn.com/de-at/nachrichten/other/eu-erw%C3%A4gt-gemeinsamen-munitionskauf/ar-AA17DSHD
Laut dieses Presseberichts soll dieses Thema auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2023 behandelt werden.
Wie werden sich die österreichischen RegierungsvertreterInnen unter Betonung der militärischen Neutralität dabei verhalten?
Ich ersuche um diesbezügliche Aufklärung
Mit freundlichen Grüßen
DI.Dr.H.Peter Degischer, em.Univ.Prof.
Antwort aus dem Büro von Bundesministerin Edtstadler vom 23. 3.2023:
Sehr geehrter Herr DI Dr. Degischer,
im Namen von Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler darf ich Ihnen sehr für Ihr Mail vom 17.03.2023 danken und Ihnen Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Bei der Unterstützung der Ukraine aus der Europäischen Friedensfazilität (EFF) ist klargestellt, dass diese neben letaler auch nicht-letale Ausrüstung umfasst, und dass der besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einiger Mitgliedsstaaten respektiert wird.
Bei den Beschlüssen zur Finanzierung von letaler Ausrüstung/Waffenlieferungen hat sich Österreich im Einklang mit der Neutralität konstruktiv enthalten und wird dies auch bei der Finanzierung von Munition tun (d.h. keine Behinderung des Beschlusses).
Anstelle der Mitfinanzierung letaler Ausrüstung leistet Österreich einen freiwilligen Beitrag für nicht-letale Schutzausrüstung in der Höhe seines Anteils. Dieser beträgt gemäß Beitragsschlüssel 2,79% für 2023.
Beim letzten Rat der Außen-und Verteidigungsminister am 20.03. gab es zudem eine politische Einigung über Munitionslieferung und gemeinsame Munitionsbeschaffung für die Ukraine im Wert von insgesamt 2 Mrd. Euro. Österreich wird sich auch in diesem Bereich konstruktiv enthalten und erneut einen freiwilligen Beitrag für nicht-letale Schutzausrüstung in der Höhe seines Anteils leisten. Die Indossierung der Einigung ist durch den heute und morgen tagenden Europäischen Rat geplant.
Ich hoffe Ihnen damit all Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Johanna Sarnthein
Bundeskanzleramt
Kabinett der Bundesministerin für EU und Verfassung
Mag. Karoline Edtstadler
Vom Parlamentsklub der FPÖ kam auf die Anfrage an BM Schallenberg am 17.3.2023 folgende Antwort:
Betreff: [KF www.fpoe-parlamentsklub.at] (Witzani Josef) Europäische Friedensfazilität, gemeinsamer Munitionskauf für die Ukraine
Sehr geehrter Herr Witzani!
Danke für Ihren Einsatz!
Für den ersten Teil Ihrer Frage gibt es eine konkrete Antwort in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12711).
„Österreich hat weiters die Beschlüsse über EU-Unterstützungsmaßnahmen zur Finanzierung von nicht-letaler Ausrüstung im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität (EFF) unterstützt, sich aber bei Beschlüssen zur Finanzierung von letaler Ausrüstung bzw. Waffenlieferungen konstruktiv enthalten, ebenso wie Malta und Irland. Österreich leistete stattdessen einen freiwilligen Beitrag in Höhe seines Anteils an EFF-Unterstützungsmaßnahmen für andere, nicht-letale Unterstützungsmaßnahmen.“
Teil 2 der Frage müsste Ihnen natürlich Schallenberg beantworten.
Wir werden auch dran bleiben und das Vorgehen weiter ganz genau beobachten.
Herzliche Grüße,
Ihr Team Kickl
Josef Witzani schreibt dazu:
In Beantwortung der parlamentarischen Anfrage – der FPÖ – Parlamentsklub hat mich darauf hingewiesen – ( https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12711 ) vom 16. Jänner 2023 wurde ausgeführt (Frage 6):
„Österreich hat weiters die Beschlüsse über EU-Unterstützungsmaßnahmen zur Finanzierung von nicht-letaler Ausrüstung im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität (EFF) unterstützt, sich aber bei Beschlüssen zur Finanzierung von letaler Ausrüstung bzw. Waffenlieferungen konstruktiv enthalten, ebenso wie Malta und Irland. Österreich leistete stattdessen einen freiwilligen Beitrag in Höhe seines Anteils an EFF-Unterstützungsmaßnahmen für andere, nicht-letale Unterstützungsmaßnahmen.“
Konkret wurde das beim Beschluss des Rates der EU so formuliert ( https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/10/17/ukraine-council-agrees-on-further-support-under-the-european-peace-facility/ ):
„Dementsprechend umfassen die Unterstützungsmaßnahmen 490 Mio. € für militärische Ausrüstung, die dazu konzipiert ist, zu Verteidigungszwecken tödliche Gewalt anzuwenden, sowie 10 Mio. € für die Bereitstellung von Ausrüstung und Hilfslieferungen wie persönlicher Schutzausrüstung, Verbandskästen und Kraftstoff.“
Meine Vermutung: die 10 Mio. € sind für die neutralen EU-Staaten konzipiert und als „freiwillig“ deklariert, sodass die Nicht-Neutralen da nicht mitzahlen (sonst wäre der „freiwillige“ Beitrag Österreichs zu klein und lächerlich). Für die Ukraine macht das keinen Unterschied. Sie bekommt 500 Mio. € von der EU. Davon passen die nicht-letalen 10 Mio. € ganz gut ins Gesamtkonzept, um den Krieg weiter führen zu können – und Österreich zahlt mit.
So mutiert die Europäische Friedensfazilität zur Europäischen Kriegsfazilität oder auf den Punkt gebracht: Nicht-neutrale EU Staaten liefern Panzer und Munition – und Österreich bezahlt „freiwillig“ persönliche Schutzausrüstung für die Panzerbesatzung, Verbandskästen und den Kraftstoff für die Panzer.
Angesichts dieser Augenauswischerei fehlen mir die Worte. Österreich betrügt sich selbst, wenn es glaubt, mit solchen Tricks seine Neutralität international glaubhaft machen zu können. Bleibt als Zweck der Übung nur, die große Mehrheit der österreichischen Bevölkerung, die für die Neutralität ist, zu täuschen und zu beruhigen.
Ich denke, wir sollten diese Hintergründe/Abgründe in die Öffentlichkeit bringen.
Wie denkt ihr darüber?
LG Sepp
P. S.: Bemerkenswert sind auch diese perfekten taktischen Täuschungsmanöver der Europäischen Friedens/Kriegsfazilität:
1. Das Dokument für die „nichtletale Ausrüstung und Material sowie Dienstleistungen“:
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/02/02/ukraine-council-agrees-on-further-military-support-under-the-european-peace-facility/
ist auch in Russisch verfügbar,
während das Dokument „für militärische Ausrüstung, die dazu konzipiert ist, zu Verteidigungszwecken tödliche Gewalt anzuwenden“:
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/10/17/ukraine-council-agrees-on-further-support-under-the-european-peace-facility/
auch in Ukrainisch , aber nicht in Russisch, verfügbar ist.
2. Im Dokument für das russische Publikum tritt Borrell mit EU – Sternenkranz im Hintergrund (Heiligenschein?) auf, im Dokument für das ukrainische Publikum gibt Borrell mit der Glocke den Ton an.