Vermögenskonzentration gefährdet den sozialen Frieden und die Demokratie

Das Vermögenswachstum der 1% Reichsten durch Steuern bremsen reicht nicht für eine enkeltaugliche Gesellschaftsentwicklung

H. Peter Degischer - Zukunftmitverantworten - 11.4.2018

Die Vermögensentwicklung in Österreich zeigt ein stetiges Wachstum aufgrund der Wert-steigerungen der Immobilien und der meisten Finanzprodukte. Da es keine Vermögens-steuer gibt, muss das Vermögen der österreichischen Haushalte mittels Umfragen geschätzt werden, was vor allem für die größten Vermögen ungenaue Daten liefert. Die letzte Umfrage erfolgte 2015, wobei etwa 6000 Haushalte als Strichproben dienten. Die 1% reichsten Haushalte, das sind etwa 40.000 Haushalte, verfügten 2017 über geschätzte Vermögens-werte von über 700 Milliarden €, was 46% des gesamten Vermögens in Österreich darstellt. Das Bild stellt das Wachstum des Gesamtvermögens in Österreich dem der 10% und 1% reichsten Haushalte gegenüber und zeigt, dass die Staatsschulden weniger als 20% des Gesamtvermögens in Österreich ausmachen. Die 1% reichsten Haushalte besitzen ein Vermögen, das 2,4-fach größer ist als die Staatsschulden. Dies stellt eine Sicherheit dar, die bei der nächsten Finanzkrise ausgeschöpft werden könnte.

Peter1Verm

http://www.attac.at/vermoegensuhr.html

Das Wachstum der höchsten Vermögen – in etwa ab 1 Million € – ist wesentlich größer als das der übrigen Vermögen: Das Vermögen der 1% reichsten Haushalte steigt täglich insgesamt um etwa 100 Millionen €, jährlich um etwa 40 Milliarden €. Die derzeit einge-hobenen, vermögensbezogenen Steuern machen nur etwa 1 Promille des Gesamtvermögens österreichischer Haushalte aus, was einem Zehntel des Mehrwertsteueraufkommens 2017 entspricht. Eine Vermögenssteuer von 1% für die 1% Reichsten würde insgesamt 7 Milliarden € ergeben, wodurch die Staatseinnahmen um 4% erhöht würden. Damit könnten Schulden sukzessive zurückgezahlt, das Abgabensystem von der Arbeit entkoppelt werden und zusätzlich stünden Mittel für Ausbildung und Integration zur Verfügung, was Investitionen in die Zukunft bedeutet. Das Vermögenswachstum der 1% Reichsten würde dadurch nur um 1% gebremst, denn es würde weiter um 4-5% wachsen. Das Vermögen würde weder vermindert noch umverteilt, sondern besteuert, um damit die Arbeitseinkommen von Abgaben zu entlasten und einen „return of social investment“ zu erzielen, also künftige Sozialausgaben zu vermindern.

Finanztransaktionen unterliegen keiner Mehrwertsteuer, und seit Ende des vorigen Jahr-hunderts wird deren Einführung diskutiert, seit einigen Jahren auch ergebnislos in den EU-Mitgliedsländern. Österreich könnte daraus etwa 500 Millionen € pro Jahr lukrieren, was 0,15% des Bruttoinlandsproduktes entspricht, womit die globale Armutsbekämpfung wesentlich erhöht werden könnte. Im Vergleich dazu wurde für den Auslandskatastrophen-fonds 2017 nur 20 Millionen € (0,005% des BIP) ausgegeben und sind für 2018 nur 15 Millionen € geplant, obwohl das Außenministerium damit die Fluchtursachen mildern wollte.

Das Einkommen aus diesen Vermögen bleibt den Eigentümern erhalten und wird auf 230.000,- € pro Haushalt aus der Gruppe der 1% reichsten Haushalte geschätzt. Insgesamt ergibt das 10 Milliarden €, die nicht als Einkommen mit der entsprechenden Progression versteuert werden, sondern über geringere Steuersätze wie z.B. 25% Kapitalertragssteuer. Eine gemeinsame Veranlagung der Erwerbseinkommen mit Kapitaleinkommen, wodurch die Steuerprogression wirksam wird, wäre tatsächlich ein Fortschritt in der Steuergerechtigkeit. Der Erwerb von Vermögen durch Erbschaft wird in Österreich kaum besteuert und sollte ebenso progressiv einer Einkommenssteuer unterzogen werden.

Peter2Verm

Einkommen 2016 in Österreich nach Christian Donninger, Beigewum 17.10.2017

Die Abbildung zeigt die Verteilung der Arbeitseinkommen im Vergleich zu den Vermögens-einkommen. Der Medianwert der Kapitaleinkommen ist nahe null, da sich diese auf die obersten 5% konzentrieren. Der Medianwert der jährlichen Brutto-Arbeitseinkommen beträgt 20.000 € pro Haushalt. 80% der Haushalte verdienen weniger als 50.000 € im Jahr bzw. verfügen über ein monatliches Bruttogehalt von max.3.500 €. Eine Senkung der Abgaben-quote für die Arbeitseinkommen der Unter- und Mittelschicht würde die Konsumkraft stärken und die Besteuerung der Arbeit vermindern, „damit sich Arbeit lohnt“ und aus der Konkurrenz mit der Mindestsicherung herauskommt. Die 1% reichsten Haushalte haben im Schnitt neben Kapitaleinkünften auch hohe Arbeitseinkommen, die seit 2000 wesentlich höhere Steigerungen erfuhren als die Arbeitseinkommen der unteren 80% der Haushalte.

Global gesehen bewirkt die zunehmende Ungleichverteilung des Vermögens in den USA, China und EU, dass der Vermögensanteil der Mittelschicht auch in Zukunft weiter abnimmt, wenn die Entwicklung so weitergeht, wie in den letzten Jahrzehnten. Die Abbildung zeigt die Prognose der World Inequality Database. Die Vermögenskonzentration im obersten Prozent bzw. sogar stärker im obersten Promill der Bevölkerung wird soziale Spannungen innerhalb der Länder aber davon ausgehend auch international erzeugen, die den Frieden gefährden.

Peter3Verm

Vermögensentwicklung in USA, China und EU, wenn sie so weitergeht wie seit dem Jahr 2000. [Quelle: WID.world (2017) http://wir2018.wid.world/].

Es scheint langfristig nicht ausreichend zu sein, die Zunahme der Vermögenskonzentration durch Steuern zu bremsen, sondern es bedarf einer wirkungsvollen Umkehr dieser Kapital-konzentration. Eine Resozialisierung von jenen Vermögenswerten ist erforderlich, die für die Gemeinschaft von existenzieller Bedeutung sind: Wirtschaftsbereiche, die alle brauchen, sollen auch allen gehören! Damit kann das „imperiale“ Wirtschaftswachstum auf der Basis der Ausbeutung der Natur und der Missachtung der Menschenrechte gestoppt werden und das kapitalistische Prinzip der Profitmaximierung durch das Ziel des guten Lebens für alle ersetzt werden.

In Österreich war der Anteil der verstaatlichten Wirtschaft bis in die 70-er Jahre relativ hoch, und solange sich die Manager nicht von Wachstums- und Profitillusionen verleiten ließen, profitierte die Gesellschaft durch die öffentliche Energie-, Grundstoff- und Wasserversorgung, sowie Post und Bahn. Welche Vorteile haben die Privatisierungen seit den 1990-er Jahren unserer Gesellschaft gebracht?

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